Dublin-III-Verordnung

  • Erste Tatsachenrevision in asylgerichtlichen Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen

    Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist die erste sogenannte Tatsachenrevision auf der Grundlage des zum 1. Januar 2023 in Kraft getretenen § 78 Abs. 8 des Asylgesetzes (AsylG) eingegangen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift steht den Beteiligten in asylgerichtlichen Verfahren die Revision gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts auch dann zu, wenn dieses in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von der Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und es die Revision deswegen zugelassen hat.

  • Keine Verlängerung der Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren wegen der Covid-19-Pandemie

    Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 22.09.2022 in den verbundenen Rechtssachen C-245/21 und C-248/21 entschieden, dass eine aufgrund der Covid-19-Pandemie erfolgte Aussetzung des Überstellungsverfahrens im Rahmen eines Dublin-Verfahrens zu keiner Unterbrechung der sechsmonatigen Überstellungsfrist führt. Sobald diese Frist abgelaufen ist, wird der ersuchende Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig.

  • Zuständigkeit Deutschlands für die Prüfung des Asylantrags eines nachgeborenen Kindes jedenfalls bei Fehlen eines fristgerechten Aufnahmegesuchs

    Nach einer Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichts hat der 1. Senat mit Urteil vom 23. Juni 2020 (BVerwG 1 C 37.19) entschieden, dass die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags eines in Deutschland nachgeborenen Kindes, dessen Eltern zuvor in einem anderen EU-Mitgliedstaat internationaler Schutz zuerkannt worden ist, jedenfalls gemäß Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3 Dublin III-Verordnung auf Deutschland übergeht, wenn nicht binnen drei Monaten der andere Mitgliedstaat um Aufnahme des Kindes ersucht worden ist.

  • Bundesamt setzt Dublin-Überstellung im Hinblick auf Corona-Krise aus

    Das Bundesamt verschickt in allen Dublin-Verfahren unter Verweis auf § 80 Abs. 4 VwGO die Mitteilung, dass derzeit keine Dublin-Überstellungen erfolgen werden. Es beruft sich insoweit auf eine Mitteilung des Bundesamtes über die Vollzugsaussetzung in Dublin-Verfahren vom 18. März 2020, das an die Präsidentinnen und Präsidenten der Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe gerichtet war .

  • Systemische Mängel in Griechenland wegen drohender Rückführung eines Syrers in die Türkei

    Das Verwaltungsgericht München hat mit einem Beschluss vom 17. Juli 2019 (Az.: M 11 S 19.50772, M 11 S 19.50759) eine bevorstehende Dublin-Überstellung nach Griechenland gestoppt, weil dem Betroffenen in Griechenland eine Abschiebung in die Türkei drohen würde. Damit wurde erstmalig eine Rückführung in die Türkei aufgrund des sog. EU-Türkei-Deals von einem deutschen Gericht in Frage gestellt.

  • Rückführung von Flüchtlingen in andere EU- Mitgliedstaaten auch bei großer Armut oder einer starken Verschlechterung der Lebensverhältnisse zulässig

    Der Gerichthof der Europäischen Union hat am 19. März 2019 mit zwei Urteilen (Rechtssache C-163/17 Jawo und in den verbundenen Rechtssachen C-297/17, C-318/17 Ibrahim, C-319/17 Sharqawi u. a. und C-438/17 Magamadov) entschieden, dass ein Asylbewerber in den Mitgliedstaat überstellt werden darf, der normalerweise für die Bearbeitung seines Antrags zuständig ist oder ihm bereits subsidiären Schutz gewährt hat, es sei denn, er würde dort aufgrund der voraussichtlichen Lebensumstände der Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in eine Lage extremer materieller Not versetzt, die gegen das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verstößt. Mängel im Sozialsystem des betreffenden Mitgliedstaats erlauben für sich allein genommen nicht den Schluss, dass das Risiko einer solchen Behandlung besteht.

  • Sinnloser Streit über die Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze.

    In der gegenwärtigen Debatte zur deutschen Asylpolitik gibt es seitens der CSU Vorschläge, Asylsuchende an den Grenzen Deutschlands grundsätzlich zurückzuweisen. Die vorgeschlagenen Zurückweisungen werden mitunter damit begründet, dass sie zur Wiederherstellung der bestehenden Rechtsordnung geboten seien. Dass diese Diskussion sinnlos ist, ergibt sich zweifelsfrei aus einer aktuellen Entscheidung des Gerichtshofs der EU mit der Frankreich untersagt wurde, eine Überstellungsentscheidung nach der Dublin-III-Verordnung zu erlassen, bevor Deutschland dem Gesuch ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. Insoweit wird erneut erkennbar, wie wenige Kenntnisse die in der Politik  Verantwortlichen von dem hier zur Anwendung gelangenden Unionsrecht haben.

  • Pflicht zur Aufklärung der Gewährung internationalen Schutzes in einem anderen EU-Mitgliedstaat

    Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 21.11.2017 (BVerwG 1 C 39.16) entschieden, dass in Fällen, in denen in einem Asylverfahren zweifelhaft ist, ob dem Schutzsuchenden bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz gewährt worden ist, die Verwaltungsgerichte diesen Sachverhalt aufklären müssen. Dies gilt auch dann, wenn ein an den anderen Mitgliedstaat gerichtetes Auskunftsersuchen nach den Dublin-Vorschriften (sog. Info-Request) unbeantwortet geblieben ist.

  • Asylsuchender kann sich auf den Ablauf der Überstellungsfrist nach der Dublin-III-Verordnung berufen

     

    Der Gerichthof der Europäischen Union hat mit Urteil in der Rechtssache C-201/16 (Majid Shiri / Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) a, 25. Oktober 2017 entschieden, dass eine Person, die internationalen Schutz beantragt hat, sich vor einem Gericht auf den Ablauf der für ihre Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat vorgesehenen Frist berufen kann.

  • Dublin-Verfahren gilt auch bei Massenzutrom von Flüchtlingen

    Der EuGH hat mit Urteil vom 26.07.2017 in den Rechtssachen C-490/16, A.S./Republika Slovenija, und C-646/16, Khadija Jafari und Zainab Jafari entschieden, dass Kroatien ist für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz von Personen zuständig ist, die seine Grenze während der Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016 in großer Zahl überschritten haben. Diese Personen haben nämlich die Außengrenze von Kroatien im Sinne der Dublin-III-Verordnung illegal überschritten.

  • Asylbewerber dürfen sich auf den Ablauf der Überstellungsfrist nach Dublin-III-Verordnung berufen

    Nach Ansicht von Generalanwältin Sharpston kann eine Person, die internationalen Schutz beantragt, die Entscheidung eines Mitgliedstaats, sie in einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen, mit der Begründung anfechten, dass das „Aufnahmegesuch“ des erstgenannten Mitgliedstaats nicht innerhalb der unionsrechtlich festgelegten Frist gestellt worden sei. Die Dublin-III-Verordnung, der einschlägige Rechtsakt, sei kein rein zwischenstaatlicher Mechanismus mehr, und die Anwendung von Fristen habe erhebliche Auswirkungen für die Antragsteller und die betreffenden Mitgliedstaaten, so die Generalanwältin in ihren Schlussanträgen zur Rechtssache C-670/16 (Tsegezab Mengesteab / Bundesrepublik Deutschland).

  • Merkels Alleingang in der Flüchtlingspolitik ist mit Europarecht vereinbar

    Unter den außergewöhnlichen Umständen der Flüchtlingskrise ist nach Ansicht von Generalanwältin Sharpston für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag zuerst gestellt wurde. Ein illegaler Grenzübertritt im Sinne der Dublin-III-Verordnung liege nicht vor, wenn Mitgliedstaaten an den Außengrenzen der Union, die mit einem Massenzustrom von Drittstaatsangehörigen konfrontiert seien, diesen Menschen gestatteten, auf dem Weg in andere Mitgliedstaaten in ihr Hoheitsgebiet einzureisen und es zu durchqueren.