Haft nach § 62 Abs. 2 AufenthG.
  1. Der Haftgrund gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG setzt in der Regel voraus, dass die Ausländerbehörde den Ausländer auf die Anzeigepflicht nach § 50 Abs. 5 AufenthG und die mit einem Unterlassen der Anzeige des Aufenthaltswechsels verbundenen Folgen hingewiesen hat.
  2. Gründet sich der Verdacht der Entziehungsabsicht allein auf Umstände, die in § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG geregelt sind, kann die Haft nicht zusätzlich auf § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG gestützt werden.
  1. Wenn weder die Ausländerbehörde noch das Amtsgericht einen Haftgrund geprüft und angenommen hat und dieser erstmalig im Beschwerdeverfahren eingebracht wird, muss dem Betroffenen Gelegenheit zur persönlichen Stellungnahme gegeben werden. Insbesondere, wenn das Beschwerdegericht es nicht für glaubhaft erachtet, dass der Betroffene sich der Abschiebung nicht entziehen will, kann diese Feststellung nur nach einer persönlichen Anhörung getroffen werden (BGH, B. v. 09.02.2011 – V ZB 16/11 –; vgl. dazu BGH, B. v. 04.03.10 – V ZB 184/09 –).
  2. Feststellungen der unterlassenen Anzeige des Wohnortwechsels können einem Ausländer nur dann im Rahmen des Haftgrundes entgegengehalten werden, wenn die Ausländerbehörde auf die Anzeigepflicht hingewiesen hat.

  1. Der gewöhnliche Aufenthalt eines ausländischen Studenten befindet sich an dem Ort, an dem sich der Student wegen seines Studiums aufhält.
  2. Zu der Feststellung, ob die Abschiebung innerhalb von drei Monaten möglich ist, sind konkrete Angaben zum Ablauf des Verfahrens und eine Darstellung erforderlich, in welchem Zeitraum die einzelnen Schritte unter normalen Bedingungen durchlaufen werden können. Der Tatrichter darf sich insoweit nicht auf die Wiedergabe der Einschätzung der Ausländerbehörde beschränken, die Abschiebung werde voraussichtlich innerhalb von drei Monaten stattfinden können. Soweit die Ausländerbehörde keine konkreten Tatsachen hierzu mitteilt, obliegt es gemäß § 26 FamFG dem Gericht nachzufragen.
  3. Zwar hat erst seine Weigerung, freiwillig in den Libanon zurückzukehren, dazu geführt, dass das für die Rückführung erforderliche aufwendige Verfahren notwendig wurde. Das bedeutet jedoch keinen dem Betroffenen zurechenbaren Umstand, durch den ein Abschiebungshindernis geschaffen worden ist. Denn anderenfalls käme der Sicherungshaft Sanktionscharakter zu, weil die Weigerung, freiwillig auszureisen, Voraussetzung für die Abschiebung als Form der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht ist.

Lesen Sie dazu grundlegend:

Anforderungen an die Sicherungshaft

Passbeschaffung/Haftdauer

  1. Zur Unbestimmtheit einer Abschiebungsandrohung und Einbeziehung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung als Tatsachenwürdigung.
  2. Die Aufrechterhaltung der Freiheitsentziehung durfte das Beschwerdegericht schließlich nicht mit dem Allgemeininteresse an einer wirksamen Abschiebung rechtfertigen.

Lesen Sie auch:

Zu den Anforderungen an die Beantragung und Anordnung von Sicherungshaft

Mittlerweile Abschluss des Hauptsacheverfahrens unter

BGH, Beschluss vom 18.11.2010 - V ZB 121/10 -
  1. Gemäß § 6 Abs. 1 FEVG ist über die Anordnung der Abschiebehaft durch einen mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden. Der Begründungszwang als wesentlicher Bestandteil der geordneten Rechtspflege soll der Verarbeitung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte dienen und die richterliche Entscheidung für den Betroffenen nachvollziehbar und nachprüfbar gestalten. Bloße Floskeln genügen diesen Anforderungen nicht.
  2. Ein Beschluss, der sich auf eine seit ca. 4 Jahren nicht mehr existente - Rechtsgrundlage stützt ist bereits aus diesem Grund formell rechtswidrig (AuslG statt AufenthG).
  3. Zur fehlenden Anhörung.
  4. Zum Haftgrund der Entziehungsabsicht (§ 62 II S. 1 Nr. 5 AufenthG).

Zu den Anforderungen an die Beantragung und Anordnung von Sicherungshaft

Die Kommentierung bezieht sich derzeit auf folgende Entscheidungen:

    • LG Stade, Beschluss vom 26.11.2003 - 9 T 180/03 -
    • OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 15.03.2004 - 20 W 426/03 -; Beschluss vom 05.04.2005 - 20 W 139/05 -; Beschluss vom 12.02.2008 - 20 W 42/08 -
    • BayObLG, Beschluss vom 11.05.2004 - 4Z BR 029/04 -
    • OLG Hamm, Beschluss vom 02.09.2004 - 15 W 84/04 -
    • BGH, Beschluss vom 03.02.2005 - V ZB 48/04 --; Beschluss vom 16.12.2009 - V ZB 148/09 -; Beschluss vom 21.10.2010 - V ZB 56/10 -;Beschluss vom  21.10.2010 - V ZB 176/10 -; BGH, Beschluss vom 18.11.2010 - V ZB 121/10 -; BGH, Beschluss vom 28.04.2011 - V ZB 14/11 -; BGH, Beschluss vom 19.05.2011 - V ZB 15/11 -; BGH, B. v. 09.06.2011 - V ZB 16/11 -; B. v. 19.01.2012 - V ZB 221/11 -
    • OLG München, Beschluss vom 09.11.2005 - 34 Wx 148/05 -; Beschluss vom 16.01.2006 - 34 Wx 172/05 -; Beschluss vom 14.06.2007 - 34 Wx 071/09 -; Beschluss vom 17.11.2009 - 34 Wx 069/09 -
    • OLG Saarland, Beschluss vom 11.05.2006 - 5 W 68/06 - 24 -
    • OLG Köln, Beschluss vom 26.07.2006 - 16 Wx 151/06 -
    • KG Berlin, Beschluss vom 07.02.2005 - 25 W 74/04 -; Beschluss vom 06.09.2006 - 25 W 9/06 -; Beschluss vom 08.02.2006 - 25 W 6/06 -
    • VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.09.2006 - 11 S 1319/06 -
    • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2004 - I-3 Wx 241/04 -;
    • Beschluss vom 24.10.2006 - I-3 Wx 182/06 -; Beschluss vom 08.12.2006
      - I-3 244/06 -
    • OLG Hamm, Beschluss vom 06.11.2006 - 15 W 299/06 -
    • BVerfG, Beschluss vom 16.05.2007 - 2 BvR 2106/05 -
    • OLG Zweibrücken, Beschluss vom 02.07.2008 - 3 W 97/08 -
    • OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.12.2009 - 13 W 32/09 -

    Stand der Kommentierung: 02.03.2012

      1. Zum Wechsel der Haftart von Vorbereitungshaft in Sicherungshaft
      2. Zur Verletzung des Beschleunigungsgebotes beim Zuwarten auf eine Ausweisungsverfügung während der Haft trotz schon bestehender Ausreisepflicht.