Haft nach § 57 i.V.m. § 62 AufenthG.

Der BGH zur Zurückschiebungshaft bei Überstellungsfällen nach Griechenland:
  1. Auch in den Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 70 ff. FamFG ist ein § 62 FamFG entsprechender Feststellungsantrag des Betroffenen zulässig. Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es auch in diesen Fällen nicht.
  2. Die Anordnung der Haft zur Sicherung der Zurückschiebung eines unerlaubt aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union eingereisten Drittstaatsangehörigen (§ 18 Abs. 3 i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG, §§ 57 Abs. 1 Satz 1, 62 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) ist nicht schon dann unzulässig, wenn der Ausländer bei der Grenzbehörde um Asyl nachgesucht hat (§ 18 Abs. 1 AsylVfG).
  3. Bei seiner Prognose nach § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG, ob die Abschiebung innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann, muss der Haftrichter das voraussichtliche Ergebnis eines von dem Ausländer bei dem Verwaltungsgericht gestellten Antrags nach §§ 80, 123 VwGO auf Aussetzung des Vollzugs der Zurückschiebung berücksichtigen.
  4. Wird - wie derzeit bei Überstellungen nach Griechenland gemäß Art. 19 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II-Verordnung) - solchen Eilanträgen regelmäßig entsprochen, darf er, wenn die Sache bei dem Verwaltungsgericht anhängig gemacht worden ist, eine Haft zur Sicherung der Abschiebung nicht anordnen und hat auf die Beschwerde des Betroffenen eine bereits angeordnete Haft nach § 426 FamFG aufzuheben.
Ergänzt am 09.04.2010
Zu den Anforderungen an den Haftgrund "unerlaubte Einreise" nach § 62 II 1 Nr. 1 AufenthG
  1. AufenthG § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
    Bei Anordnung von Sicherungshaft gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG muss der Haftrichter auch dann eigenverantwortlich prüfen, ob der Ausländer infolge unerlaubter Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde eine auf diesen Tatbestand gestützte, nicht bestandskräftige Zurückschiebungsverfügung erlassen hat.
  2. AufenthG § 50 Abs. 1
    Ist ein Ausländer ohne gültigen Reisepass in die Bundesrepublik eingereist, kommt ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei oder aufgrund der in dem dazu vereinbarten Zusatzprotokoll vom 23. November 1970 enthaltenen "Stillhalteklausel" nicht in Betracht.
Zur Zurückschiebung nach erfolglosem Asylverfahren und Überschreitung der 6-Monatsfrist
  1. § 57 AufenthG ist auch dann anwendbar, wenn der betreffende Ausländer nach seiner unerlaubten Einreise während des erfolglosen Asylverfahrens über ein vorläufiges Bleiberecht in Form der Aufenthaltsgestattung verfügte.
  2. Die Zurückschiebung ist auch bei einer geringfügigen Überschreitung der 6 Monatsfrist des § 57 Abs 1 S 1 AufenthG möglich. Die Zurückschiebung ist unabhängig von der Frist zulässig, solange ein anderer Staat aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung zur Übernahme des Ausländers verpflichtet ist.
Zum Beschleunigungsgebot und zur sofortigen Haftaufhebung bei Zurückschiebung nach Griechenland

Ein für die Abschiebung vorgesehener Ausländer kann nicht aufgrund schlichter Untätigkeit der ausländischen Behörden bis auf weiteres in der Bundesrepublik inhaftiert bleiben, ohne dass deutliche Bestrebungen der Beteiligten, die Zurückschiebung zeitnah herbeizuführen, erkennbar sind.
Zur Unzulässigkeit der Zurückschiebungshaft, wenn der Betroffene freiwillig und auf direktem Weg in das Land ausreisen will, in das er zurückgeschoben werden soll.
Zur Dauer der Zurückschiebungshaft bei Überstellung nach Griechenland im Dublin II - Verfahren bei Einreichung einer Petition beim Deutschen Bundestag.

Zurückschiebungshaft darf grundsätzlich auch dann angeordnet oder aufrechterhalten werden, wenn die Zurückschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen für einen vorübergehenden Zeitraum nicht durchführbar ist.
Das Gericht hat insoweit eine Interessenabwägung vorzunehmen, die einerseits den mit der Haft verbundenen Eingriff in das Freiheitsgrundrecht des Betroffenen und andererseits das staatliche Interesse berücksichtigt, auf das Sicherungsmittel der Haft nicht sofort schon dann verzichten zu müssen, wenn eine Zurückschiebung zwar aktuell (aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder aus Rücksichtnahme auf ein anderes Verfassungsorgan) nicht durchführbar ist, eine Prognose indes die (zeitnahe) Möglichkeit der Beseitigung oder des Wegfalls des Zurückschiebungshindernisses ergibt (BVerfG EZAR 048 Nr. 23).
  1. Zum Rechtsschutzinteresse bei erlittener unrechtmäßiger Zurückschiebungshaft und zur Erforderlichkeit einer (weiteren) Anhörung im Beschwerdeverfahren.
  2. Die Bundespolizei ist auch zuständig für die Zurückschiebung und Beantragung von Haft im Grenzraum, sofern die Einreise vor einigen Monaten über eine andere Grenze als die im Falle des Aufgriffsortes erfolgte.
  3. Zur Bedeutung eines im EU-Ausland gestellten Asylbegehrens auf den Aufenthaltsstatus in Deutschland.

    Korrigierte Fassung: Stand 22.08.2009
Erneut zur Bedeutung der Stellung einer Asylantrages gem. § 14 Abs. 3 AsylVfG aus der Haft heraus.
Die Übermittlungsart ist für den Asylantrag nicht vorgeschrieben.
Zur Begründung des Haftgrund der Entziehungsabsicht nach § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 AufenthG im Rahmen der Zurückschiebungshaft.
Zur Unzulässigkeit einer Zurückschiebungshaft im Rahmen der VO (EG) Nr. 343/2003 („Dublin II“).
Es ist nicht Sinn und Zweck der Zurückschiebungshaft, die freiwillige Ausreise – sei sie nun legal oder illegal – in den Zielstaat zu verhindern. Die Besorgnis, dass die Zurückschiebung nicht abwartet und die Ausreise in den Zielstaat schon vorher (illegal) unternommen werde, erfordert nicht die Sicherung der Zurückschiebung durch Haft.
  • Zur erneuten Anhörung des Betroffenen in der Beschwerdeinstanz
  • Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn eine angekündigte Beschwerdebegründung nicht abgewartet wird (Überbeschleunigung)
  • Zur Veränderung des Haftzwecks (Abschiebung statt Zurückschiebung)
  • Zur Unzulässigkeit der Zurückschiebungshaft bei freiwilliger Reisebereitschaft des Betroffenen