Abschiebehaft - Praxis und Kritik - Forderungen

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Forderungen

Aus den festgestellten Defiziten lassen sich die folgenden Forderungen an den Bundesgesetzgeber und an die für den Vollzug verantwortlichen Bundes- und Landesverwaltungen ableiten:

Gesetzliche Vorgaben

Um die Einhaltung des verfassungsrechtlich auch Ausländern verbürgten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes besser zu gewährleisten, sollte die Haftdauer ausnahmslos auf sechs Monate begrenzt werden. Eine Haftdauer von bis zu 18 Monaten erscheint unangemessen, weil die Abschiebung in aller Regel in sechs Monaten vorbereitet und durchgeführt werden kann. Falls die Abschiebung wegen fehlender Mitwirkung des Ausländers oder des Heimatstaats oder aus anderen Gründen scheitert, ist die weitere Inhaftierung im Hinblick auf den allein zulässigen Zweck der Sicherung der Abschiebung ungeeignet und kommt einer Bestrafung oder einer unzulässigen Erzwingungshaft gleich. Das Festhalten eines Asylsuchenden am Flughafen über einen längeren Zeitraum hinweg sollte auch dann, wenn es verfassungsrechtlich keine Freiheitsentziehung oder -beschränkung darstellen sollte, zumindest bei der Umsetzung der EU-Asylverfahrens-Richtlinie gesetzlich geregelt werden. Damit könnten die Verantwortlichkeiten, insbesondere für Organisation und Finanzierung, die Kompetenzen der politischen Instanzen und der Bediensteten, die Bedingungen einer menschenwürdigen Unterbringung und Versorgung sowie die Rechtsstellung der Betroffenen eindeutig festgelegt und eine größere Rechtssicherheit für Ausländer, Bedienstete und Gerichte geschaffen werden.
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Um den Vollzug der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft auf eine rechtsstaatliche Grundlage zu stellen, bedarf es unbedingt einer baldigen gesetzlichen Regelung. Der Bundesgesetzgeber sollte ähnlich wie im Strafvollzugsgesetz bundeseinheitliche Mindestnormen für Größe und Ausstattung der Hafträume, für Bewegungsfreiheit und Kommunikationsmöglichkeiten der Inhaftierten und für deren Betreuung und Beratung aufstellen.

Verwaltungsmäßige Durchführung

Um die festgestellten Mängel bei Beantragung und Durchführung der Abschiebungshaft zu beheben, sollten sofort und ohne Abwarten einer gesetzlichen Regelung die folgenden Maßnahmen mittels Ergänzung der Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Ausländergesetzes (demnächst des Aufenthaltsgesetzes) oder ministerieller Weisungen an Ausländerbehörden und Haftanstalten ergriffen werden:

  • Antrag auf Anordnung oder Verlängerung von Haft erst nach ausreichender Vorbereitung der Abschiebung und bei Gewähr für eine alsbald tatsächlich durchführbare Abschiebung (Beschleunigungsgrundsatz).
  • In aller Regel kein Antrag auf Verlängerung der Haft über sechs Monate hinaus.
  • Trennung von Abschiebungs- und Strafhaft, vor allem für Minderjährige.
  • Bewegungsfreiheit für inhaftierte ausreisepflichtige Ausländer mindestens unter entsprechender Anwendung des Strafvollzugsgesetzes (insbesondere Freigang, Besuche, Brief- und Telefonverkehr, Arbeitsmöglichkeiten, medizinische und sonstige Betreuung und Beratung).