BVerwG

  • Kein abgeleiteter Flüchtlingsschutz für Familienangehörige eines erst im Aufnahmemitgliedstaat geborenen und dort als Flüchtling anerkannten Kindes

    Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 15. November 2023 (Az.: 1 C 7.22) entschieden, dass die drittstaatsangehörigen Familienangehörigen eines erst nach der Ausreise aus dem Verfolgerstaat geborenen Kindes, dem in Deutschland die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 26 AsylG haben. Das gilt auch dann, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft der Eltern oder auch die gesamte Familie mit Ausnahme des Stammberechtigten bereits im Verfolgerstaat bestanden hat. 

  • Tatsachenrevision" zu Italien unzulässig wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist

    Das Bundesverwaltungsgericht hat ausweislich einer Presseerklärung vom 28. 09.2023 mitgeteilt, dass die zu Italien eingereichte erste sogenannte Tatsachenrevision auf der Grundlage des zum 1. Januar 2023 in Kraft getretenen § 78 Abs. 8 des Asylgesetzes (AsylG) wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist unzulässig ist.

  • Erste Tatsachenrevision in asylgerichtlichen Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen

    Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist die erste sogenannte Tatsachenrevision auf der Grundlage des zum 1. Januar 2023 in Kraft getretenen § 78 Abs. 8 des Asylgesetzes (AsylG) eingegangen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift steht den Beteiligten in asylgerichtlichen Verfahren die Revision gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts auch dann zu, wenn dieses in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von der Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und es die Revision deswegen zugelassen hat.

  • Prüfung des Flüchtlingsschutzes bei subsidiär Schutzberechtigten, die sich dem syrischen Militärdienst entziehen

    Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 19. Januar 2023 im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs der EU entschieden, dass bei der Strafverfolgung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst unter anderem Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit umfassen würde, eine starke Vermutung dafür spricht, dass die Verweigerung des Militärdienstes mit einem Verfolgungsgrund in Zusammenhang steht. Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörden und Gerichte, in Anbetracht sämtlicher in Rede stehender Umstände die Plausibilität dieser Verknüpfung zu prüfen. Dem genügt es nicht, wenn die Voraussetzungen des Flüchtlingsschutzes auf einer diffusen Tatsachengrundlage und unter Unterschreitung des Regelbeweismaßes der vollen richterlichen Überzeugungsgewissheit bejaht werden. 

  • Unzumutbarkeit der Passbeschaffung bei Erfordernis einer "Reueerklärung"

    Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat ausweislich einer Presseerklärung vom 11. Oktober 2022 entschieden, dass einem subsidiär schutzberechtigten Ausländer die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer nicht mit der Begründung verweigert werden darf, er könne einen Pass seines Herkunftsstaates auf zumutbare Weise erlangen, wenn der Herkunftsstaat die Ausstellung eines Passes an die Unterzeichnung einer "Reueerklärung" knüpft, die mit der Selbstbezichtigung einer Straftat verbunden ist, und der Ausländer plausibel darlegt, dass er die Erklärung nicht abgeben will (Az. BVerwG 1 C 9.21).

  • Führen Duldungsgründe zur Rechtswidrigkeit von Abschiebungsandrohungen?

    Entscheidungen des Gerichtshofs der EU lassen Zweifel aufkommen, ob die deutsche Rechtslage, nach der eine Abschiebungsandrohung, die eine Rückkehrentscheidung nach der Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG) darstellt, ungeachtet möglicher inlandsbezogener Abschiebungsverbote ergehen kann, mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Die im deutschen Recht vorgenommene Trennung zwischen dem Erlass einer Abschiebungsandrohung und dem Verfahren auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG steht auf dem unionsrechtlichen Prüfstand, nachdem das Bundesverwaltungsgericht am 8. Juni 2022 (BVerwG 1 C 24.21) dem Gerichtshof der EU diese Problematik vorgelegt hat.

  • EuGH soll die Frage der Berücksichtigung des Kindeswohls und familiärer Bindungen bei Erlass einer Rückkehrentscheidung klären

    Das Bundesverwaltungsgericht hat ausweislich einer aktuellen Pressemitteilung mit Beschluss vom 08. Juni 2022 den Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung angerufen, ob im Sinne des Art. 5 Halbs. 1 Buchst. a und b der Rückführungsrichtlinie(im Folgenden: RL 2008/115/EG) beachtliche Gründe bereits dem Erlass einer (asylrechtlichen) Abschiebungsandrohung entgegenstehen können (BVerwG 1 C 24.21).

  • Grundsätzlich kein Abschiebungsschutz bei Existenzsicherung für absehbare Zeit nach der Rückkehr

    Maßstab für die im Rahmen der Prüfung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK anzustellende Gefahrenprognose ist grundsätzlich, ob der vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer nach seiner Rückkehr, gegebenenfalls durch ihm gewährte Rückkehrhilfen, in der Lage ist, seine elementarsten Bedürfnisse über einen absehbaren Zeitraum zu befriedigen. Nicht entscheidend ist hingegen, ob das Existenzminimum eines Ausländers in dessen Herkunftsland nachhaltig oder gar auf Dauer sichergestellt ist. Dies hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts ausweislich einer aktuellen Presseerklärung mit Urteil vom 21. April 2022 (BVerwG 1 C 10.21) entschieden.

  • Anforderungen an die Ermessensentscheidung eines unter der aufschiebenden Bedingung der Abschiebung ergangenen Einreise- und Aufenthaltsverbots

    Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 7. September 2021 wichtige Grundsätze zur Befristung des unter der aufschiebenden Bedingung seiner Abschiebung ergangenen Einreise- und Aufenthaltsverbots aufgestellt (Az.: 1 C 46.20). Die Entscheidung beschäftigt sich insbesondere mit der Frage, welche Integrationsleistungen im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sind und ggfs. zur Rechtswidrigkeit des vom Bundesamt festgesetzten Einreise- und Aufenthaltsverbots für die Dauer von 30 Monaten führen. Die Grundsätze der Entscheidung gelten aber auch für Ermessensentscheidungen, die die Ausländerbehörden im Rahmen des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG zu treffen haben.

  • Familienflüchtlingsschutz für subsidiär schutzberechtigte Angehörige der Kernfamilie

    Nach einer Presseerklärung des  Bundesverwaltungsgerichts hat der 1. Senat mit Urteil vom 25. November 2021 (1 C 4.21) entschieden, dass der subsidiäre Schutzstatus von Eltern und Geschwistern eines minderjährigen Flüchtlings nicht die Zuerkennung von Familienflüchtlingsschutz hindert; ist der Flüchtling im Laufe des Verfahrens volljährig geworden, müssen sowohl die Familienangehörigen als auch das Kind ihr Asylgesuch noch vor dessen Volljährigkeit geäußert haben.

  • Befristung eines abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots bei Berufsausbildung während des asylgerichtlichen Verfahrens

    Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat ausweislich einer aktuellen Presseerklärung am 7. September 2021 (BVerwG 1 C 46.20) entschieden, dass bei der Bemessung der Dauer eines abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots der erfolgreiche Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung im Bundesgebiet durch den Ausländer (erst) während des asylgerichtlichen Verfahrens fristverkürzend zu berücksichtigen ist, nicht schon deren Aufnahme. Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass die Praxis der Verhängung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots für die Dauer von 30 Monaten durch das Bundesamt keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, sofern der Ausländer keine Besonderheiten vorträgt, die bei der Fristbestimmung im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind.

  • Folgen eines Anhörungsmangels im Asylverfahren beim Bundesamt

    Ausweislich einer aktuellen Presseerklärung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 30. März 2021 (BVerwG 1 C 41.20) die rechtlichen Folgen des Unterlassens einer persönlichen Anhörung eines Asylsuchenden im behördlichen Asylverfahren beim Bundesamt klargestellt.

  • Internationaler Familienschutz in Deutschland auch bei Flüchtlingsstatus in einem anderen EU-Mitgliedstaat

    Die Gewährung internationalen Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hindert nicht die Zuerkennung internationalen Familienschutzes im Bundesgebiet. Dies hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 1 C 8.19) in Leipzig ausweislich einer aktuellen Presseerklärung am 17. November 2020 entschieden. Die mündliche Verhandlung erfolgte erstmals aufgrund einer Videoverhandlung (§ 102a VwGO).

  • Drittstaatsangehöriger Elternteil kann Aufenthaltsrecht nach Art. 21 AEUV nur von einem aus eigenem Recht freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgerkind ableiten

    Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat ausweislich einer Presseerklärung mit Urteil vom 23. September 2020 (BVerwG 1 C 27.19 ) entschieden, dass dem drittstaatsangehörigen Elternteil eines Kindes, das die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaats besitzt, ein vom Kind abgeleitetes unionsrechtliches Aufenthaltsrecht aus Art. 21 AEUV (Freizügigkeitsrecht) nur zustehen kann, wenn das Kind ein eigenes - und nicht nur vom anderen (Unionsbürger-)Elternteil abgeleitetes - Freizügigkeitsrecht im Aufnahmemitgliedstaat hat.

  • Zustellungsfiktion bei erfolgloser Zustellung einer Asylablehnung an eine von einer öffentlichen Stelle mitgeteilte Anschrift

    Ausweislich einer aktuellen Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichts hat der 1. Senat mit Urteil vom 20. August 2020 (BVerwG 1 C 28.19) entschieden, dass die Zustellungsfiktion des § 10 Abs. 2 Satz 2 Asylgesetz (AsylG), nach der ein Asylbewerber Zustellversuche des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) unter der letzten bekannten Anschrift auch dann gegen sich gelten lassen muss, wenn diese dem Bundesamt nicht vom Ausländer selbst, sondern durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist, im Einklang mit dem Unionsrecht steht.

  • Zweckvaterschaftsanerkennung hindert nicht Familiennachzug der ausländischen Mutter zu ihrem minderjährigen deutschen Kind

    Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat ausweislich einer Presseerklärungam 26. Mai 2020 eine Entscheidung zu einer Zweckvaterschaftsanerkennung getroffen (BVerwG 1 C 12.19). Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht der Versagungsgrund des § 27 Abs. 1a Nr. 1 Alt. 2 AufenthG jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Vaterschaftsanerkennung nicht das Verwandtschaftsverhältnis zwischen nachzugswilligem Ausländer und dem im Deutschland lebenden Familienmitglied begründet.

  • Das Ende der Verfahrensduldung?

    Mit Urteil vom 18. Dezember 2019 (Az.: 1 C 34.18) hat das Bundesverwaltungsgericht ein grundlegende Entscheidung zum humanitären Aufenthalt nach § 25b AufenthGgetroffen. Dabei ist zugleich auch die Verfahrensduldung rechtlich aufgewertet worden.

  • Bundesverwaltungsgericht klärt Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung des § 25b AufenthG

    Ausweislich einer Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgericht hat der 1. Senat mit Urteil vom 18. Dezember 2019 (BVerwG 1 C 34.18) eine Reihe umstrittener Fragen zur Auslegung und Anwendung der am 1. August 2015 in Kraft getretenen Bleiberechtsregelung für geduldete Ausländer, die sich in Deutschland nachhaltig integriert haben, geklärt.

  • Bundesverwaltungsgericht verpasst die Gelegenheit der Harmonisierung der unionsrechtlichen Einreisevoraussetzungen

    Ausweislich einer Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts hat der 1. Senat über die Rechtswirkungen eines Schengen-Visum, das von einem anderen Schengen-Staat ausgestellt wurde, entschieden. Der Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen, auch wenn der rechtliche Ansatz den EU-rechtlichen Vorgaben nicht hinreichend Rechnung trägt, insbesondere Art. 19 SDÜ nicht in den Blick  zu nehmen scheint.

  • Das Anwerbungs- und Vermittlungsmonopol der Bundesagentur für Arbeit in Gesundheits- und Pflegeberufen gilt auch für betriebliche Ausbildungen

    Das Anwerbungs- und Vermittlungsmonopol der Bundesagentur für Arbeit (BA) nach § 38 Beschäftigungsverordnung (BeschV), wonach die Anwerbung in und die Arbeitsvermittlung aus bestimmten Staaten für eine Beschäftigung in Gesundheits- und Pflegeberufen nur von der BA durchgeführt werden darf, gilt nach einer aktuellen Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichts auch für betriebliche Ausbildungen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 19. November 2019 (BVerwG 1 C 41.18) entschieden.