Anhörung nach § 5 FEVG und §§ 34, 420 FamFG.

Zu § 418 FamFG:
AufenthG § 62 Abs. 1
Eine Beistandsgemeinschaft zwischen dem Ausländer und seiner aufenthaltsberechtigten Lebensgefährtin oder mit deren minderjährigen Kindern kann dazu führen, dass sich eine Anordnung oder eine Verlängerung der Abschiebungshaft als unverhältnismäßig darstellt.
FamFG § 26
Das Gericht hat vor dem Hintergrund der Pflicht zur Amtsermittlung zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Lebensgefährtin des Ausländers zu dessen Vorbringen zum Bestehen einer Beistandsgemeinschaft anzuhören oder als Zeugin zu vernehmen.

Verurteilung eines früheren Soltauer Betreuungsrichters wegen Rechtsbeugung in 18 Fällen wegen Verletzung der Anhörungspflichten in Unterbringungsfällen bzw. bei unterbringungsähnlichen Maßnahmen.

  1. Abschiebungshaft kann auch durch einen Richter auf Probe angeordnet werden. § 68 Abs. 4 FamFG ist auf die Haftanordnung nicht entsprechend anwendbar.
  2. Wird dem Betroffenen der Haftantrag erst zu Beginn der Anhörung ausgehändigt und kann der Betroffene ohne seinen Verfahrensbevollmächtigten nicht ohne weiteres dazu Stellung nehmen, muss ihm Gelegenheit zur Prüfung und Besprechung mit diesem gegeben werden. Der Erlass einer mehr als nur kurzfristigen einstweiligen Haftanordnung kommt dann nicht in Betracht.
  1. Wenn weder die Ausländerbehörde noch das Amtsgericht einen Haftgrund geprüft und angenommen hat und dieser erstmalig im Beschwerdeverfahren eingebracht wird, muss dem Betroffenen Gelegenheit zur persönlichen Stellungnahme gegeben werden. Insbesondere, wenn das Beschwerdegericht es nicht für glaubhaft erachtet, dass der Betroffene sich der Abschiebung nicht entziehen will, kann diese Feststellung nur nach einer persönlichen Anhörung getroffen werden (BGH, B. v. 09.02.2011 – V ZB 16/11 –; vgl. dazu BGH, B. v. 04.03.10 – V ZB 184/09 –).
  2. Feststellungen der unterlassenen Anzeige des Wohnortwechsels können einem Ausländer nur dann im Rahmen des Haftgrundes entgegengehalten werden, wenn die Ausländerbehörde auf die Anzeigepflicht hingewiesen hat.

  1. In Abschiebungshaftsachen muss aus den Verfahrensakten zu ersehen sein, dass der Haftanordnung ein vollständiger Antrag der zuständigen Behörde zugrunde liegt.
  2. Die Begründung des Haftantrags ist nach § 417 Abs. 2 Satz 1 FamFG zwingend; ein Verstoß gegen den Begründungszwang führt zur Unzulässigkeit des Antrags.
  3. Durch die Vorlage des vollständigen Haftantrag in der Beschwerdeinstanz kann der Verstoß gegen § 417 Abs. 2 Satz 1 FamFG auch nicht nachträglich geheilt werden, denn bei der ordnungsgemäßen Antragstellung durch die Behörde handelt es sich um eine Verfahrensgarantie, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert.
  4. Die Voraussetzungen für das Absehen von der Anhörung (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG) liegen nicht vor, wenn der Betroffene zuvor keine Gelegenheit hatte, sich zu einem zulässigen Antrag auf Anordnung der Haft zu äußern.
  1. Gemäß § 6 Abs. 1 FEVG ist über die Anordnung der Abschiebehaft durch einen mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden. Der Begründungszwang als wesentlicher Bestandteil der geordneten Rechtspflege soll der Verarbeitung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte dienen und die richterliche Entscheidung für den Betroffenen nachvollziehbar und nachprüfbar gestalten. Bloße Floskeln genügen diesen Anforderungen nicht.
  2. Ein Beschluss, der sich auf eine seit ca. 4 Jahren nicht mehr existente - Rechtsgrundlage stützt ist bereits aus diesem Grund formell rechtswidrig (AuslG statt AufenthG).
  3. Zur fehlenden Anhörung.
  4. Zum Haftgrund der Entziehungsabsicht (§ 62 II S. 1 Nr. 5 AufenthG).
Zur Amtsermittlungspflicht

Die persönliche Anhörung des Betroffenen ist nur ausnahmsweise verzichtbar. Sie gehört zum „Kernstück der Amtsermittlungspflicht“ (vgl. BVerfG in InfAuslR 1996, 198, 201). Durch sie soll sichergestellt werden, dass das Gericht von allem, was für die Entscheidung relevant sein könnte, tatsächlich Kenntnis erhält und es sich durch eigene Wahrnehmung einen Eindruck von der Persönlichkeit des Betroffenen verschafft.

Zur rechtswidrigen Anhörung des Betroffenen im Abschiebehaftverfahren durch einen ersuchten Richter.

  1. Die Entscheidung leidet an einem im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht heilbaren Verfahrensmangel, wenn die Kammer Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützt, dem Betroffenen vor ihrer Entscheidung nicht zur Kenntnis gegeben hat und dadurch den Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
  2. Um sich einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen entsprechend § 5 Abs. 1 FreihEntzG zu verschaffen, ist es in Abschiebungshaftsachen unzulässig, den Betroffenen durch einen ersuchten Richter anzuhören.
Zum Recht auf Akteneinsicht und Anspruch auf rechtliches Gehör

  1. Die Versagung der Akteneinsicht in die Gerichtsakten stellt einen Verstoß gegen § 34 I 1 FGG (§ 13 FamFG) i.V.m. Art. 103 I GG (Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör und das Gebot des fairen Verfahrens (Art. 20 III GG)) dar.
  2. Die beim Richter geführte „Sammelung“ der Unterlagen stellt keine interne Akte dar, die der Akteneinsicht entzogen ist.
  3. Der Anspruch auf Akteneinsicht erstreckt sich auch auf beigezogene Akten, wenn das Gericht diese zur Grundlage seiner Entscheidung macht.
  1. Zum mangelnden Rechtsschutzinteresse der haftantragstellenden Behörde im Rahmen der sofortigen weiteren Beschwerde zu einer bereits erledigten Haftanordnung (Überholung).
  2. Zur Anhörung des Verfahrensbevollmächtigten bei untergetauchtem Mandanten.
  3. Erneut zur richterfreien Ausschreibung eines untergetauchten Betroffenen nach
    § 50 Abs. 7 AufenthG
    und der Möglichkeit der Ergreifung des Ausländers gemäß
    § 62 Abs. 4 AufenthG
    .

    Die Kommentierung wurde aufgrund eines redaktionellen Versehens am 28.08.2009 korrigiert. Seite 3 wurde ausgetauscht.
  1. Zum Rechtsschutzinteresse bei erlittener unrechtmäßiger Zurückschiebungshaft und zur Erforderlichkeit einer (weiteren) Anhörung im Beschwerdeverfahren.
  2. Die Bundespolizei ist auch zuständig für die Zurückschiebung und Beantragung von Haft im Grenzraum, sofern die Einreise vor einigen Monaten über eine andere Grenze als die im Falle des Aufgriffsortes erfolgte.
  3. Zur Bedeutung eines im EU-Ausland gestellten Asylbegehrens auf den Aufenthaltsstatus in Deutschland.

    Korrigierte Fassung: Stand 22.08.2009
Zur erneuten Anhörung in der Beschwerdeinstanz und zum Fortsetzungsfeststellungsverfahren.
Vorliegend durfte das Landgericht nicht davon ausgehen, dass die erneute mündliche Anhörung im Beschwerdeverfahren nichts zur Sachaufklärung beitragen würde. Vielmehr hätte die Kammer durch erneute Befragung des Betroffenen feststeilen müssen, ob dessen Angaben in der Beschwerdeschrift zutreffen. Die Kammer hätte durch persönliche mündliche Anhörung des Betroffenen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens aufklären müssen. Das Landgericht war verpflichtet, die tatsächlichen Umstände für die Anordnung der Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 S. 1 AufenthG festzustellen. Dies hat es pflichtwidrig unterlassen.
  • Zur erneuten Anhörung des Betroffenen in der Beschwerdeinstanz
  • Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn eine angekündigte Beschwerdebegründung nicht abgewartet wird (Überbeschleunigung)
  • Zur Veränderung des Haftzwecks (Abschiebung statt Zurückschiebung)
  • Zur Unzulässigkeit der Zurückschiebungshaft bei freiwilliger Reisebereitschaft des Betroffenen
Gerichtliche Entscheidungen zur Anhörung im Freiheitsentziehungsverfahren
nach § 5 und § 11 Abs. 2, letzter Halbsatz FEVG und zum neuen Verfahrensrecht (FamFG)

Die Kommentierung bezieht sich auf folgende Entscheidungen:

  • BVerfG - 2 BvR 1825/08 - Beschluss. v. 04.10.2010;- 2 BvR 1615/06 - Beschluss v. 05.03.2009; - 2 BvR 538/07 - Beschluss v. 27.02.2009; - 2 BvR 2042/05 - Beschluss v. 12.03.2008; - 2 BvR 129/04 - Beschluss v. 07.09.2006; - V ZB 120/10 - Beschluss. v. 16.09.2010
  • BGH - V ZB 184/09 - Beschluss. v. 04.03.2010; - V ZB 9/10 - Beschluss. v. 17.06.2010;- V ZB 3/10 - Beschluss. v. 17.06.2010; - V ZB 56/10 - Beschluss. v. 21.10.2010; - V ZB 176/10 - Beschluss. v. 21.10.2010;  - V ZB 12/10 - Beschluss. v. 03.02.2011; Beschluss. v. 12.05.2011 - V ZB 296/10 -; Beschl. v. 01.07.2011 - V ZB 141/11 -
  • OLG Celle - 22 W 38/08 - Beschluss v. 01.10.2008; - 22 W 35/08 - Beschluss v. 12.08.2008; - 22 W 32/07 - Beschluss v. 26.07.2007; - 22 W 20/05 - Beschluss v. 17.06.2005; - 22 W 24/05 - Beschluss v. 27.06.2005; - 22 W 61/05 - Beschluss v. 01.11.2005
  • OLG Düsseldorf - I-3 Wx 55/08- Beschluss v. 28.03.2008
  • OLG Oldenburg - 13 W 54/06 - Beschluss v. 16.10.2006; - 13 W 09/05 - Beschluss v. 09.02.2005
  • OLG München - 34 Wx 55/07 - Beschluss v. 03.05.2007; - 34 Wx 120/06 - Beschluss v. 25.10.2006; - 34 Wx 113/06 - Beschluss v. 25.09.2006; - 34 Wx 004/06 - Beschluss v. 08.02.2006; - 34 Wx 181/05 - Beschluss v. 09.01.2006; - 34 Wx 107/05 - Beschluss v. 31.08.2005
  • OLG Köln - 16 Wx 89/05 - Beschluss v. 23.05.2005; - 16 Wx 41/05 - Beschluss v. 18. März 2005
  • OLG Frankfurt am Main - 20 W 24/06 - Beschluss v. 07.02.2006
  • BayObLG - 3Z BR 244/01 - Beschluss v. 30.01.2002
  • KG Berlin - 1 W 371/07 - Beschluss v. 22.01.2008, - 25 W 69/05 - Beschluss v. 02.11.2005
  • LG München - 13 T 10469/11 - Beschluss. v. 10.10.2011; - 13 T 22840/11 - Beschluss. v. 17.11.2011
Stand: 20.12.2011