Nachrichten Ausländerrecht: Europa und EU

Nachrichten Ausländerrecht: Europa + EU

Unter den außergewöhnlichen Umständen der Flüchtlingskrise ist nach Ansicht von Generalanwältin Sharpston für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag zuerst gestellt wurde. Ein illegaler Grenzübertritt im Sinne der Dublin-III-Verordnung liege nicht vor, wenn Mitgliedstaaten an den Außengrenzen der Union, die mit einem Massenzustrom von Drittstaatsangehörigen konfrontiert seien, diesen Menschen gestatteten, auf dem Weg in andere Mitgliedstaaten in ihr Hoheitsgebiet einzureisen und es zu durchqueren.

Generalanwalt Bot vertritt in der Rechtssache Lounes (C-165/16) die Auffassung, dass ein Unionsbürger, der sich in einem anderen Mitgliedstaat einbürgern ließ, weiterhin auf seine Rechtsstellung als freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger berufen kann, um seinem Ehegatten Freizügigkeit zu vermitteln. Zur Begründung bedient sich der Generalanwalt der EuGH-Rechtsprechung in sogenannten Rückkehrerfällen. Um das Familienleben fortzusetzen, wäre der eingebürgerte Unionsbürger andernfalls gezwungen, das Hoheitsgebiet seines neuen Heimatstaates zu verlassen und sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um dort wieder die Freizügigkeitsrechte, vor allem die Möglichkeit des Zusammenlebens mit ihrem Ehegatten, genießen zu können.

Der EuGH hat mit Urteil vom 4. April 2017 in der Rechtssache C-544/15 (Sahar Fahimian / Bundesrepublik Deutschland) entschieden, dass die nationalen Behörden einer iranischen Staatsangehörigen, die Absolventin einer von restriktiven Maßnahmen betroffenen Universität ist, zum Schutz der öffentlichen Sicherheit ein Visum für ein Studium in einem sensiblen Bereich wie der IT-Sicherheit verweigern können. Die nationalen Behörden verfügen bei der Prüfung, ob nach der Studentenrichtlinie eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit vorliegt, über einen weiten Beurteilungsspielraum, müssen aber die ablehnende Entscheidung hinreichend begründen.

Der EuGH hat mit Urteil vom 10. Mai 2017 (C-133/15) in der Rechtssache H. C. Chavez-Vilchez entschieden, dass ein Staatsangehöriger eines Nicht-EU-Landes als Elternteil eines minderjährigen Kindes, das die Unionsbürgerschaft besitzt, ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht in der Union geltend machen kann. Im Rahmen der Entscheidung wurde auch die Frage der Beweislast hinsichtlich der Tatsachen anhand deren sich beurteilen lässt, ob eine Entscheidung, mit der ihm ein Aufenthaltsrecht versagt würde, dem Kind die Möglichkeit nähme, den Kernbestand seiner mit dem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte tatsächlich in Anspruch zu nehmen, konkretisiert.

Der EuGH hat mit Urteil vom 29.03.2017 in der Rechtssache Tekdemir (C-652/15) die Anforderungen an die Notwendigkeit, ein Visumverfahren bei im Bundesgebiet geborenen türkischen Staatsangehörigen durchzuführen, mit Blick auf die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 näher konkretisiert. Der EuGH folgt der Stellungnahme der Kommission, die sich für eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung ausgesprochen hatte. Die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist damit nicht mehr anwendbar.

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