Nachrichten Ausländerrecht: Europa und EU

Nachrichten Ausländerrecht: Europa + EU

Der Präsident der EU-Kommission Jose Manuel Barroso, der sich zu einigen Kontakten in Italien aufhält, sprach gestern in Rom auf einer Pressekonferenz die Mitgliedschaftsverhandlungen zwischen der Türkei und der EU an. Der Prozess würde lang und schwierig werden, betonte Barroso und erklärte: „Aber die Türkei wird letztendlich der EU beitreten und ein Teil der Union werden, weil sie nicht nur für die europäische, sondern auch für die globale Politik zum Vorteil ist.“ Barroso wies aber auch darauf hin, dass die Vollmitgliedschaft der Türkei erst nach Erfüllung sämtlicher EU-Kriterien möglich sei, und sagte: „Natürlich darf es nicht in Frage kommen, dass man in Bezug auf die Mitgliedschaft der Türkei Zugeständnisse bei den demokratischen Standards der EU macht.“ (C UMHURIYET )

Seit dem 1. Januar hat Deutschland den Vorsitz im Europäischen Rat. Einer Schaltstelle der Macht in Europa, die weitgehend unbekannt ist. Neuesten Statistiken zufolge, wissen angeblich 80 % der Bundesbürger auch wenige Wochen vor ihrem Beginn nicht, dass Deutschland die EU-Präsidentschaft zwischen Januar und Juni 2007 inne haben wird. Zwar würden sich rund 70 % aller Deutschen für die Annahme der EU-Verfassung aussprechen, doch kennten nur 7 % unter ihnen überhaupt deren Inhalt. Zu den Prioritäten der deutschen EU-Präsidentschaft werden ab Januar der EU-Verfassungsgebungsprozess zählen sowie die Bereiche Wirtschaft und Beschäftigungspolitik, Sicherheit der Energieversorgung und eine Gemeinsame europäische Aussenpolitik.

Zum 1. Januar 2007 sind die Republik Bulgarien und Rumänien der EU beigetreten. Nachdem die Republik Bulgarien und Rumänien die Mitgliedschaft bei der Europäischen Union beantragten, legte der Europäische Rat auf seiner Tagung im Juni 1993 in Kopenhagen erstmals die politischen, wirtschaftlichen und besitzstandsbezogenen Kriterien für die Mitgliedschaft fest, an denen sich der Beitrittsprozess und die von der Kommission vorgenommen regelmäßigen Bewertungen der Lage in der Republik Bulgarien und Rumänien orientiert haben. Den politischen Kriterien zufolge müssen die Republik Bulgarien und Rumänien für institutionelle Stabilität als Garantie für die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten sorgen; diese Anforderungen sind als verfassungsmäßige Grundsätze im Vertrag über die Europäische Union verankert und wurden in der Charta der Grundrechte in der Europäischen Union hervorgehoben. Nach den wirtschaftlichen Kriterien sind eine funktionierende Marktwirtschaft und die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten, erforderlich. Das besitzstandsbezogene Kriterium betrifft die Fähigkeit zur Erfüllung der mit der EU-Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen und zur Übernahme der Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion.
Die Bedingungen und Vorkehrungen für die Aufnahme der beiden Staaten wurden in Konferenzen zwischen den Mitgliedstaaten und der Republik Bulgarien und Rumänien ausgehandelt. In ihrem am 6. Oktober 2004 verabschiedeten Strategiepapier über den Stand des Erweiterungsprozesses kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Republik Bulgarien und Rumänien die politischen Kriterien erfüllen, und ging davon aus, dass die beiden Länder angesichts der erzielten Fortschritte, des Stands bei der Umsetzung ihrer Verpflichtungen und der laufenden Vorbereitungen ab 1. Januar 2007 die wirtschaftlichen und besitzstandsbezogenen Kriterien erfüllen werden und für die Mitgliedschaft bereit sein werden.

Nach Angaben des Zentrums für Türkeistudien (ZfT) sind Türken die neunzehntgrößte nationale Gruppierung in der EU, so die ZAMAN. Mit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens, die eine große türkische Minderheit im Land aufweisen, habe sich die Zahl der in der EU lebenden türkischstämmigen Bürger auf 5,2 Millionen erhöht und stelle damit die neunzehntgrößte nationale Gruppierung in der EU dar. Ähnliche Berichte auch in der HÜRRIYET und TÜRKIYE.

 

Der Europäische Gerichtshof hat in der Rechtssache Gattoussi, (C-97/05) am 14. Dezember 2006 über die aufenthaltsrechtliche Bedeutung des Artikel 64 Absatz 1 des Europa–MittelmeerAbkommens vom 26. Januar 1998 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits (ABl. L 97, S. 1, im Folgenden: Europa–MittelmeerAbkommen) entschieden. Artikel 64 des Europa–MittelmeerAbkommens in Kapitel I („Bestimmungen über die Arbeitskräfte“) des Titels VI („Zusammenarbeit im sozialen und kulturellen Bereich“) lautet:
„(1)      Jeder Mitgliedstaat gewährt den Arbeitnehmern tunesischer Staatsangehörigkeit, die in seinem Hoheitsgebiet beschäftigt sind, eine Behandlung, die hinsichtlich der Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Benachteiligung gegenüber seinen eigenen Staatsangehörigen bewirkt.
(2)      Absatz 1 gilt hinsichtlich der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen für alle tunesischen Arbeitnehmer, die dazu berechtigt sind, im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eine befristete nichtselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben.
(3)      Tunesien gewährt den in seinem Hoheitsgebiet beschäftigten Arbeitnehmern, die Staatsangehörige der Mitgliedstaaten sind, die gleiche Behandlung.“

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